PPP-Richtlinie

Qualitätssicherung in der Psychiatrie: Künftig mit weniger Dokumentationsaufwand

Dezember 2024

Dokumentationsvorgaben in der Psychiatrie, konkret die Richtlinie zur Personalausstattung in der Psychiatrie (PPP-RL), werden oft als „Bürokratiemonster“ angeprangert. Klar ist: Erst seit Informationen zur Personalausstattung systematisch erhoben werden, wissen wir, dass es große Personalprobleme in den deutschen psychiatrischen Kliniken gibt. Ohne Daten geht es also nicht. Gleichwohl kann kritisch gefragt werden, welche konkreten Inhalte wirklich notwendig und welche verzichtbar sind. In jedem Fall wird ab dem Jahr 2025 der Dokumentationsaufwand für die Krankenhäuser sehr deutlich reduziert, denn ab dem Zeitpunkt werden bereits vorhandene Routinedaten genutzt.

Ärztin und Patientin in der Psychiatrie (Symbolbild)

Schon heute ist es so, dass die von der PPP-RL geforderten Nachweise auf zentralen Informationen beruhen, die dem Krankenhaus ohnehin vorliegen: Ein Krankenhaus muss die Anzahl seiner Patientinnen und Patienten mit ihrem jeweiligen Behandlungsbedarf kennen. Und ein Krankenhaus muss wissen, wer wie lange im Dienst war. Die vorhandenen administrativen Daten mit den Dokumentationsvorgaben zusammenzuführen ist eine Digitalisierungsaufgabe und weniger eine Frage von zusätzlich zu leistendem Dokumentationsaufwand.

Dokumentation bringt Qualitätsmängel ans Licht

Der Zusatzaufwand für die Erstellung der Nachweise für die PPP-RL wird von Klinken selbst mit unter 1 Promille des gesamten Personalaufwandes geschätzt. Er ist aber dringend notwendig, denn sonst bliebe es für die Öffentlichkeit unbekannt, dass mehr als die Hälfte der psychiatrischen Kliniken sowie der Kinder- und Jugendpsychiatrien die Mindestvorgaben im Jahr 2023 nicht erfüllen konnten. Besonders Einrichtungen mit vielen schwer Erkrankten (≥ 20 Prozent), die einer Intensivbehandlung bedürfen, erfüllten die Vorgaben deutlich schlechter als Einrichtungen mit wenigen oder keinen Intensivpatienten (siehe Abbildung). Dabei ist eine unzureichende Personalausstattung äußerst kritisch in Bezug auf Patienten- und Mitarbeitersicherheit.

Balkendiagramm zur Einhaltung der Mindestpersonalvorgaben in der Psychiatrie nach der intensiv behandelten Patienten. Die Mindestvorgaben werden insgesamt in 55 Prozent der Einrichtungen nicht eingehalten.

Künftig vermehrte Nutzung von Routinedaten

Gleichwohl müssen bestehende Dokumentationsvorgaben und die damit verbundenen Aufwände immer wieder kritisch auf ihre Notwendigkeit und Umfang geprüft werden. Auf Initiative des GKV-Spitzenverbandes wird der Aufwand für die Häuser ab 2025 erheblich reduziert: Künftig soll auf Basis von Routinedaten, die ohnehin zu Abrechnungszwecken vorliegen, der Behandlungsbedarf abgebildet werden. Damit entfallen in den ca. 1.300 Einrichtungen der Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychosomatik die bisher dafür notwendigen ca. 34.000 Stichtagserhebungen für ca. 1,9 Millionen Patientinnen und Patienten. Andere Dokumentationspflichten zu Kernelementen der Strukturvorgaben bleiben aber weiterhin notwendig und dürfen mit Blick auf die Patientensicherheit und Qualität der Versorgung nicht einer undifferenzierten Forderung nach Bürokratieabbau zum Opfer fallen. Die PPP-RL bietet den Kliniken schon jetzt sehr viel Flexibilität, z. B. müssen die Mindestvorgaben nur pro Quartal eingehalten und das Personal kann stationsübergreifend eingesetzt werden.

Ergebnisse der Qualitätssicherung konstruktiv nutzen

Solange in der Mehrzahl der Psychiatrien und Kinder- und Jugendpsychiatrien jedoch die Behandlung mit zu wenig Personal erfolgt, bleiben Qualitätssicherung und konkrete Maßnahmen zur Behebung der Defizite aus Patienten- und Mitarbeiterschutz unverzichtbar. Dieser Herausforderung sollten sich die Kliniken konstruktiv und zukunftsorientiert stellen, insbesondere durch einen Ausbau der ambulanten und tagesklinischen Leistungserbringung anstelle vollstationärer Behandlungen. Regelmäßige Klagen über bürokratischen Aufwand dürfen kein Alibi für das Versäumen von überfälligen Strukturveränderungen in der psychiatrischen Versorgung sein. (akt/one)

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