GAmSi-Telegramm

ADHS-Therapie: Regionale Unterschiede in der Verordnung

Dezember 2024

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine der am häufigsten diagnostizierten Verhaltensstörungen im Kindes- und Jugendalter, die sich oft noch bis ins Erwachsenenalter erstreckt. Das Verordnungsgeschehen pro Versicherten im Jahr 2024 zeigt dabei ein deutliches Ost-West-Gefälle.

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine psychische Erkrankung, die durch anhaltende Muster von Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität gekennzeichnet ist (Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS)). In Deutschland liegt die bevölkerungsbezogene Prävalenz von ADHS bei Kindern und Jugendlichen bei etwa 5 Prozent, wobei viele Betroffene Symptome bis ins Erwachsenenalter zeigen (RKI - INTEGRATE-ADHD - ADHS in Deutschland – Vergleich und Integration administrativer und epidemiologischer ADHS-Diagnosedaten durch klinisches Assessment (INTEGRATE-ADHD)). Für Prävention, Diagnostik und Behandlung der ADHS existiert eine derzeit in Überarbeitung befindliche, interdisziplinäre S3-Leitlinie "Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter". Die Therapie der ADHS soll dabei einen multimodalen Ansatz verfolgen, in dem medikamentöse und psychosoziale, einschließlich psychotherapeutische, Interventionen kombiniert werden können.

Mehr Verordnungen, deutliches Ost-West-Gefälle

Im Rahmen der medikamentösen Therapie kommen dabei Arzneimittel aus der ATC-Gruppe N06B (Psychostimulanzien, Mittel zur Behandlung der ADHS und Nootropika) zum Einsatz, die insbesondere die Wirkstoffe Methylphenidat, Lisdexamfetamin, Atomoxetin, Dexamfetamin und Guanfacin enthalten. Im ersten Halbjahr 2024 wurden bundesweit für diese fünf Wirkstoffe insgesamt knapp 60,5 Mio. definierte Tagesdosen (DDD) verordnet. Das entspricht 0,3 Prozent aller im Fertigarzneimittelsegment (FAM) verordneten DDD. Der entsprechende-Bruttoumsatz betrug ca. 97 Mio. Euro, was rund 0,4 Prozent des Gesamtbruttoumsatzes im FAM-Markt ausmachte. Der größte Umsatz, sowohl Brutto als auch an definierten Tagesdosen (DDD), erfolgte dabei durch den Wirkstoff Methylphenidat, gefolgt von Lisdexamfetamin. Durchschnittlich wurden im ersten Halbjahr 2024 pro GKV-Versicherten 0,82 DDD abgegeben - deutlich mehr als noch im gleichen Zeitraum im Jahr 2019 mit 0,51 DDD pro Versicherten. Auffällig ist, dass es dabei zu einem deutlichen regionalen Gefälle kommt, das auch im Vergleich von 2019 zu 2024 in der Tendenz erhalten bleibt (Abb. 1):

Deutschlandkarten unterteilt nach KV-Regionen im Jahr 2019 und 2024, die die relative Verordnungsintensität von Medikamenten gegen ADHS zeigen. Die Verordnungen haben bundesweit von 2019 auf 2024 zugenommen, in beiden Jahren ist ein deutliches Ost-West-Gefälle sichtbar.

Dabei erfolgt die Zuordnung der Verordnung zu einer spezifischen KV-Region anhand des Standorts der verordnenden Praxis. Daher sind die Angaben insbesondere für Stadt-Staaten wie Berlin oder Hamburg sicherlich durch eine teilweise Mitversorgung der umliegenden Bundesländer beeinflusst. In den östlichen KV-Regionen, mit Ausnahme Berlins, werden deutlich weniger DDD an ADHS-Arzneimitteln pro Versicherten verordnet als im restlichen Teil der Bundesrepublik. Bundesweit betrachtet wurden im ersten Halbjahr 2024 mit 0,42 DDD/Versicherten in der KV-Region Sachsen-Anhalt am wenigsten ADHS-Medikamente pro Versicherten verordnet, am meisten in der KV-Region Rheinland-Pfalz mit 1,00 DDD/Versicherten.

Mehrere Faktoren für Verordnungsunterschiede

Der Großteil der Verordnungen erfolgt an Kinder und Jugendliche. Der Bevölkerungsanteil dieser Versichertengruppe (jünger als 20 Jahre) ist in den Bundesländern zwar verschieden hoch (z. B. in Sachsen-Anhalt 16 Prozent, in Rheinland-Pfalz 18 Prozent), allerdings sind diese Unterschiede kleiner als die Unterschiede in den dortigen Verordnungsintensitäten. Damit sind die Verordnungsunterschiede nicht allein mit der unterschiedlichen Altersstruktur in den jeweiligen Bundesländern erklärbar, sondern sie basieren auf multifaktoriellen Sachverhalten. (seu, wwi)

Weitere ergänzende interaktive Grafiken und Tabellen, z. B. zu Versichertenzahlen und zum Verordnungsgeschehen im Fertigarzneimittelmarkt, finden Sie auch unter www.gkv-gamsi.de.

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