Arzneimittel

Antibiotikaresistenzen und Antibiotikagebrauch besser und vollständig erfassen

Dezember 2024

Resistenzen gegen Antibiotika stellen global und national eines der größten Gesundheitsprobleme dar. Die auch als „stille Pandemie“ bezeichneten Resistenzen fordern allein in Deutschland ca. 10.000 Menschenleben jährlich und schädigen eine Vielzahl von Menschen dauerhaft in ihrer Gesundheit. Die Resistenzproblematik wurde unter deutscher G-7-Präsidentschaft im Jahr 2022 als ein zentrales Ziel der Gesundheitspolitik auf internationaler Ebene deklariert.

Eine wesentliche Voraussetzung für die Implementierung nationaler und internationaler Maßnahmen zur Eindämmung von Antibiotikaresistenzen und deren Konsequenzen ist die Surveillance, d. h. vollständige Erfassung der Antibiotika-(Fehl)gebrauche und der Entwicklung von Resistenzen. Das Infektionsschutzgesetz sieht hierzu umfangreiche Maßnahmen auf lokaler Ebene vor. So sind Krankenhäuser, Einrichtungen für ambulantes Operieren und Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt, verpflichtet, lokal nosokomiale Infektionen und das Auftreten von Krankheitserregern mit speziellen Resistenzen und Multiresistenzen sowie Art und Umfang des Antibiotika-Verbrauchs aufzuzeichnen. Aus diesen Daten sind dann innerhalb der Einrichtung Schlussfolgerungen hinsichtlich Kontrolle des Infektionsgeschehens und des weiteren Einsatzes von Antibiotika zu ziehen.

Ausweitung und Zentralisierung der Datenerfassung

Mit den Surveillance-Systemen des Robert Koch-Instituts (RKI), wie der

  • AVS (Antibiotika-Verbrauchs-Surveillance),
  • ARS (Antibiotika-Resistenz-Surveillance) sowie
  • ARVIA (ARS und AVS – Integrierte Analyse),

steht bereits jetzt eine nationale Infrastruktur zur zentralen Erfassung und Auswertung des Antibiotikaverbrauchs und der Resistenzentwicklung aller Erreger in Deutschland zur Verfügung. Die Nutzung ist allerdings freiwillig und so wird sie von den klinischen Anwendern und Laboren nur wenig genutzt.

Nur eine umfassende zentrale Surveillance würde es dem RKI erlauben, Surveillance-Daten für Maßnahmen der Infektionskontrolle und -prävention effizient zu nutzen. Darüber hinaus wäre Deutschland mit einer umfassenden zentralen Surveillance endlich in der Lage, seinen Berichtspflichten gegenüber den europäischen Meldesystemen des European Centre for Disease Prävention and Control (EARS-Net, ESAC-Net) vollumfänglich nachzukommen. Viele andere europäische Länder tun das bereits jetzt schon.

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Verpflichtung zur Übermittlung von Routinedaten

Die Bundesregierung hat auf Basis der G-7-Deklaration mit der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART 2030) die Optimierung der Surveillance von Resistenzentwicklung und Antibiotikaeinsatz als Ziel formuliert. Für die Umsetzung dieser Intention ist eine gesetzliche Regelung erforderlich. Die Übermittlung von Erreger- und Resistenzdaten durch labormedizinische Einrichtungen, welche mikrobiologische Untersuchungen erbringen, sowie von Antibiotika-Verbrauchsdaten durch die klinischen Anwender in die Surveillance-Systeme des RKI muss verpflichtend werden.

Geringer Aufwand für Labore

Der Aufwand für die betroffenen Einrichtungen beschränkt sich mit Blick auf die Resistenzdaten für die stationären und ambulanten labormedizinischen Einrichtungen auf die automatisierte Überführung bereits durch die Auftragserfüllung dezentral vorliegender Routinedaten in die Surveillance-Datenbanken des RKI. Die Übermittlung würde sich auf mikrobiologische Routinedaten ohne Patienten- oder Arztbezug beschränken. Mit Blick auf den stationären Antibiotikaverbrauch sind die entsprechenden Daten durch die anwendenden Einrichtungen zu übermitteln. Der ambulante Verbrauch ist bereits durch GKV-Daten abgebildet, so dass diesbezüglich hier kein Regelungsbedarf besteht.

DEMIS nutzen

Im Sinne der prozeduralen Vereinfachung durch die derzeit etablierten Digitalisierungsstrategien im Gesundheitswesen soll die Übermittlung der Resistenz- und Verbrauchdaten in die Surveillance-Datenbanken des RKI einheitlich über das Deutsche Elektronische Melde- und Informationssystem (DEMIS) erfolgen. Eine Verpflichtung zur Übermittlung sollte spätestens mit erfolgter Anbindung von ARS bzw. AVS an DEMIS voraussichtlich Ende 2025 bestehen.

In Deutschland stehen bereits jetzt effiziente Surveillance-Systeme zur Verfügung, die zur Kontrolle und Eindämmung der Antibiotikaresistenzen genutzt werden könnten. Angesichts der Ausmaße dieser gesundheitlichen Krise und vor dem Hintergrund der Lehren aus der Corona-Pandemie sollten diese nun auch verpflichtend genutzt werden. (thä/ken/slu)

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