Im Gegensatz dazu beinhaltet eine Psychotherapiestunde 50 Minuten Gesprächszeit zuzüglich 10 Minuten Vor- und Nachbereitungszeit, Gerätemedizin kommt nicht zum Einsatz. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten können somit nur sehr begrenzt – nämlich durch Ausweitung ihrer Arbeitszeit - ihre Überschüsse steigern. Vor diesem Hintergrund hat das Bundessozialgericht in den letzten 20 Jahren durch einschlägige Entscheidungen den Rahmen definiert, wie der Bewertungsausschuss die Angemessenheit der Vergütungshöhe von psychotherapeutischen Leistungen zu überprüfen hat.
Starkes Wachstum der Ärzteeinkommen musste ausgeglichen werden
Anhand der durch das Bundessozialgericht vorgegebenen Leitplanken prüft der Bewertungsausschuss in regelmäßigen Abständen die Vergütungshöhe psychotherapeutischer Leistungen. Maßgeblich für diese Überprüfungen sind dabei insbesondere die alle vier Jahre vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Erhebung zur „Kostenstruktur bei Arzt- und Zahnarztpraxen sowie Praxen von psychologischen Psychotherapeuten“, die Entwicklung der Personalkosten für Medizinische Fachangestellte sowie die Einkommensentwicklung der in die Analyse einzubeziehenden Vergleichsarztgruppen.
Aktuelle Daten des Statistischen Bundesamtes und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ergaben, dass die Überschüsse der Vergleichsarztgruppen zwischen den Jahren 2011 und 2016 im Durchschnitt um fast 30 Prozent gestiegen waren — allein aus Mitteln der GKV. In der gleichen Zeit erhöhten sich die Überschüsse der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten „lediglich“ um 16 Prozent. Zur Einordung: Die durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste in Deutschland legten in dieser Zeit um 12 Prozent zu.
Die sich ergebende Einkommenslücke zwischen Psychotherapeutinnen/Psychotherapeuten und den Vergleichsarztgruppen musste nach geltendem Recht geschlossen werden. Der aus Vertretern des GKV-Spitzenverbandes und der KBV zusammengesetzte Bewertungsausschuss hat daher im April 2019 einen Beschluss gefasst, wonach die Preise für psychotherapeutische Leistungen rückwirkend zum Jahr 2009 entsprechend angehoben wurden. Für die Jahre 2009 bis einschließlich 2018 ergibt sich dadurch insgesamt ein Nachvergütungsvolumen von bis zu 160 Mio. Euro. Ab dem Jahr 2019 werden durch die mit diesem Beschluss zusammenhängende Preisanpassung jährlich über 225 Mio. Euro von den Krankenkassen zusätzlich für die psychotherapeutische Versorgung der Versicherten zur Verfügung gestellt.
Mehr Realismus bei der Überprüfung gefragt
Was dabei bisher nicht berücksichtigt wurde: In den letzten Jahren sind zahlreiche neue Vergütungsbestandteile für die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten eingeführt worden, wie etwa die Pauschale für die fachärztliche Grundversorgung, die psychotherapeutische Sprechstunde und die psychotherapeutische Akutversorgung. Diese werden allerdings bislang noch nicht in vollem Umfang beim Vergleich mit den Einkünften der Vergleichsarztgruppen berücksichtigt. Um zu realistischeren Ergebnissen hinsichtlich der Angemessenheit der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen zu gelangen, sollten diese von der GKV zusätzlich zur Verfügung gestellten Mittel künftig unbedingt ebenfalls mit in die Überprüfung einbezogen werden. (beg, rok)
Weitere Informationen und Hintergründe zu diesem Thema finden Sie hier.