Arzneimittelversorgung

Wo bleibt das Frühwarnsystem?

März 2025

Vor eineinhalb Jahren trat das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) in Kraft. Enthalten waren konkrete gesetzliche Maßnahmen zum Aufbau eines Frühwarnsystems zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln. Bis heute wartet es auf seine Umsetzung. Dabei wäre ein solches System einer der wichtigsten Bausteine, um die Versorgungssicherheit bei Arzneimitteln nachhaltig zu steigern.

Im Winter 2022/2023 war die Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln einem Stresstest ausgesetzt. Das Bundesgesundheitsministerium, der GKV‑Spitzenverband und die pharmazeutische Industrie reagierten mit ad hoc Maßnahmen, die rasch Wirkung zeigten. Die gesetzgeberische Antwort kam wenige Wochen später in Form des ALBVVG. Aber wichtige Fragen blieben bis heute offen: Hätten Staat, Industrie und Selbstverwaltung frühzeitiger handeln können? Waren die Mehrausgaben für die ad hoc-Maßnahmen gerechtfertigt? Gab es relevante regionale Unterschiede? Wo liegen die Ursachen für die angespannte Liefersituation?

Frühwarnsystem tut not

Um diese Frage zukünftig beantworten zu können und schneller Gegenmaßnahmen abzuleiten, ist eine bessere Datenübersicht eine notwendige Voraussetzung. Ein echtes Frühwarnsystem auf Basis vollumfänglicher und transparenter Daten aller beteiligten Akteure hilft, Lieferengpässen schneller zu begegnen und langfristig bessere Maßnahmen zu entwickeln. Ob Verwerfungen in der Versorgung bei einer Krankheitswelle im Winter oder größere Herausforderungen wie die Pandemie sie darstellte – ein Frühwarnsystem ist ein notwendiges Instrument, um die Versorgung für alle Fälle besser abzusichern. Der gesetzgeberische Beschluss, ein solches aufzubauen war daher folgerichtig. Leider hat es der Gesetzgeber versäumt, dafür konkrete zeitliche Fristen festzulegen.

So lässt das Frühwarnsystem weiter auf sich warten. Zuständig für den Aufbau und Inbetriebnahme ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das dem Vernehmen nach intensiv an der Umsetzung arbeiten. Kritisch wurde in Fachkreisen wiederholt die Frage aufgeworfen, ob für die anspruchsvolle Umsetzung eines solchen Frühwarnsystems auch die hierfür notwendigen finanziellen Mittel bereitgestellt wurden.

Medikamenten-Blister

Vielfalt der Akteure bedarf einer übergeordneten, neutralen Institution

Pharmazeutische Unternehmen, Großhandel, Apotheken und schließlich die GKV: An der Arzneimittelversorgung sind zahlreiche Akteure mit unterschiedlichen Aufgaben beteiligt, die alle ihre eigene Sichtweise mit an den Tisch bringen. Eine möglichst umfassende und objektive Datenauswertung würde für alle eine gemeinsame Datengrundlage zur Erklärung von Engpässen schaffen. Neben einer Warnfunktion wäre dies auch eine Chance, eine gemeinsame Faktenbasis für weitere Reformdiskussionen zu schaffen. Es bedarf schlicht einer übergeordneten Institution, um die Vielzahl an Informationen zusammenzuführen und neutral zu sortieren. Das ist und bleibt eine staatliche Aufgabe.

Vorschläge zur Entlastung von Ärzteschaft und Apotheken

Der GKV-Spitzenverband hat darüber hinaus weitergehende Vorschläge für einen weiteren Ausbau des Frühwarnsystems unterbreitetet. So sollten Informationen zur Verfügbarkeit regulär bei den Arztpraxen in die Verordnungssoftware eingespeist werden. Ärztinnen und Ärzte könnten so bereits während der Verordnung bei einem angezeigten Engpass ein anderes Arzneimittel verordnen. Das würde Patientinnen und Patienten wie Ärztinnen und Ärzten unnötige Arbeit und Wege ersparen, die heute anfallen, wenn eine zweite Verordnung eingeholt werden muss. Für die Apotheken wäre es eine spürbare bürokratische Entlastung, da viele Prüfaufgaben und Dokumentationspflichten wegfallen würden.

Weitere Maßnahmen sind in der Planung

Da Lieferengpässe vielfältige Ursachen haben, sind weitere Maßnahmen notwendig, um diese einzudämmen und Patientinnen und Patienten in Krisensituation gut versorgen zu können. Mit dem geplanten Critical Medicines Act setzt die Europäische Union hier derzeit wichtige neue Handlungsimpulse. Mehr dazu lesen Sie hier. (mro)




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