Vertragsärztliche Vergütung 2018

Wie hoch sind die Honorarsteigerungen wirklich?

Dezember 2017

Die Vergütungsverhandlungen zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem GKV-Spitzenverband finden jährlich im August statt. Dabei geht es um die Weiterentwicklung der gesamten vertragsärztlichen Vergütung von geschätzt knapp 39 Mrd. Euro. Was dort beschlossen wird, hat also große Auswirkungen auf die von den einzelnen Krankenkassen zu zahlenden Vergütungen sowie auf das Einkommen der Ärzteschaft. In diesem Jahr zeigte sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung trotz einer zu erwartenden Steigerung von immerhin knapp einer Mrd. Euro sehr unzufrieden und gab an, dass die Vertragsärzteschaft im Jahr 2018 in Wirklichkeit nicht eine Mrd. Euro, sondern nur 440 Mio. Euro Mehreinnahmen bekämen. Wie kommt es nun zu dieser abweichenden Sichtweise?

Ergebnisse der Honorarverhandlungen 2018

Im Gesetz ist geregelt, dass die Bundesebene (d. h. der sogenannte Bewertungsausschuss Ärzte) Empfehlungen bzw. Vorgaben macht, wie die Gesamtvergütungen auf der regionalen Ebene von den Kassenärztlichen Vereinigungen und den regionalen Krankenkassen anzupassen sind. Dabei geht es in erster Linie um die gesetzlich vorgesehene jährliche Anpassung des Behandlungsbedarfs aufgrund von Veränderungen der Morbiditätsstruktur und die ebenfalls jährliche Festsetzung des sogenannten Orientierungswertes (d. h. der Vorgabe für den Preis bzw. den Punktwert) mit dem die ärztlichen Leistungen vergütet werden.

In der Honorarrunde 2018 wurde der Orientierungswert um 1,18 % gesteigert; diese Steigerung gilt sowohl für die Leistungen der budgetierten Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) als auch für Leistungen der sogenannten extrabudgetären Vergütung. Die Empfehlungen zu den sogenannten Veränderungsraten der Morbidität, die lediglich für Leistungen innerhalb der MGV gelten, sehen im Bundesdurchschnitt eine Erhöhung der MGV um knapp 0,4 % vor (davon knapp 10 Mio. Euro für einen nicht basiswirksamen, sogenannten nichtvorhersehbaren Anstieg). Insgesamt bedeutet dies eine Erhöhung der Vergütungen um ca. 410 Mio. Euro aufgrund der Anhebung des Preises für die ärztlichen Leistungen sowie um ca. 100 Mio. Euro aufgrund einer höheren zu erwartenden Leistungsmenge in der sogenannten morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. Für die extrabudgetären Leistungen wird ebenfalls aufgrund einer Steigerung der Leistungsmenge mit einem Plus von ca. 400 Mio. Euro gerechnet. Zusätzlich wurden 50 Mio. Euro zur Förderung der hausärztlichen Versorgung vereinbart. Insgesamt steigt die Gesamtvergütung aufgrund dieser Faktoren um 2,46 % von 38,86 Mrd. im Jahr 2017 auf ca. 39,81 Mrd. Euro im Jahr 2018.

Die folgende Tabelle zeigt, wie die Zahlen für die Gesamtvergütung 2018 im Einzelnen zustande kommen - jeweils basierend auf dem Ausgangswert 2017.

Prognose der Gesamtvergütungen

Die Empörung der KBV

Die KBV kritisierte diese Zahlen und zweifelte das Plus von einer Milliarde Euro an. Sie geht nur von einem Honoraranstieg von 440 Mio. Euro aus:

„Selbst wenn wir tatsächlich ein Plus von einer Milliarde Euro erzielt hätten, wäre das kein tolles Ergebnis gewesen“, sagte Gassen. Denn noch immer würden 20 Prozent der ärztlichen Leistungen nicht vergütet, und in den Praxen zeichne sich schon jetzt ein Investitionsstau ab. Es sei zudem nicht korrekt, wenn der GKV-Spitzenverband die extrabudgetären Leistungen als Honorarsteigerung ausweise. Man wisse ja noch gar nicht, ob diese Leistungen abgefordert würden. Und wenn, dann müssten die Ärzte sie zusätzlich erbringen. „Das ist Mehrarbeit, die bezahlt werden muss“, meinte Gassen gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt.

Diese Bewertung verwundert und ist mit Blick auf angeblich „nicht vergütete Leistungen“ unangemessen. Honorarsteigerungen scheinen nach Lesart der KBV anscheinend nur solche zu sein, die ohne Mehrarbeit zu erzielen sind. Auch die Mehrvergütung aufgrund der Erhöhung der MGV-Leistungsmengen durch die Morbi-Raten muss explizitermaßen durch Mehrarbeit verdient werden; hier geht es schließlich um einen morbiditätsbedingten Anstieg des Behandlungsbedarfs. Im Übrigen ist ein Blick auf die Internetseite der KBV interessant. Dort wurden bspw. im Kontext der Honorarverhandlungen 2017 auch die zu erwartenden Honorarsteigerungen durch die extrabudgetären Leistungen mit 350 Mio. Euro benannt. Dies sollen jetzt auf einmal keine„echten“ Honorarsteigerungen mehr sein.

Weitere vergütungssteigernde Faktoren

De facto kann sich die Kassenärzteschaft auf noch mehr Vergütungsanstieg im Jahr 2018 freuen: Die Prognose von einer Mrd. Euro bezieht sich lediglich auf die o. g. Anpassungsfaktoren. Daneben gibt es noch weitere Tatbestände, die die Höhe der Gesamtvergütungen und damit die ärztlichen Einkommen bestimmen:

Hier sind zum einen zusätzliche regionale Tatbestände zu erwähnen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die regionalen Krankenkassen müssen einerseits die Ergebnisse der Bundesebene umsetzen. Andererseits gibt es aber auch weitere Verhandlungstatbestände, die zu einer Anpassung der Vergütungen führen können, bspw. aufgrund von Zuschlägen auf den Punktwert zur Förderung bestimmter Leistungen oder Leistungserbringer oder Anpassungen zur Berücksichtigung einer besonderen Versorgungs- und Kostenstruktur. Die Höhe dieser zusätzlichen Vergütungsanpassungen ist auch aufgrund der regional sehr unterschiedlichen Konstellationen schwer vorherzusagen.

Mehreinnahmen kann es auch durch neue Leistungen geben, die aufgrund von gesetzlichen Vorgaben oder von Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses in den Leistungskatalog der GKV aufgenommen wurden. Dies betrifft für das Jahr 2018 bspw. das sogenannte Notfalldatenmanagement. Derzeit ist noch unklar, welche zusätzlichen Vergütungssummen hierfür anfallen werden.

Ein weiterer Anstieg der Honorare ist durch den Versichertenzuwachs in der GKV bedingt. Wie in den letzten Jahren auch wird im Jahr 2018 eine große Anzahl Versicherter neu in die GKV eintreten. Nach derzeitiger Schätzung des Schätzerkreises ist im Saldo mit einem Zuwachs der Versichertenzahl um 1,0 % zu rechnen. Da die Gesamtvergütungen nach der Zahl der Versicherten von den Krankenkassen gezahlt werden, ist daher davon auszugehen, dass die ärztlichen Vergütungen in 2018 um weitere rund 400 Mio. Euro steigen werden. Bei den neuen Versicherten handelt es sich überwiegend um jüngere Personen mit einer unterdurchschnittlichen Inanspruchnahme von ärztlichen Leistungen. Gleichwohl entrichten die Krankenkassen derzeit im Rahmen der MGV eine volle Versichertenpauschale für diese Personen, was der Vertragsärzteschaft zusätzlich zugutekommt.

Insgesamt werden die Steigerungen der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2018 also nicht nur eine Mrd. Euro – bzw. lediglich 440 Mio. Euro, wie von der KBV behauptet - sondern mindestens 1,35 Mrd. Euro betragen. Hinzu kommen noch zusätzliche Honorare aufgrund der regionalen Vergütungsverhandlungen sowie für neue Leistungen.

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