GKV NOW

Im Gespräch mit Karl Lauterbach: Die Gesundheitspolitik der Ampel

April 2022

60 Minuten, zwei Diskutierende, ein großes Thema: Mit diesem Konzept startete am 10. März die neue Veranstaltungsreihe „GKV NOW“ des GKV-Spitzenverbandes. Zu Gast war Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach, der mit Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, über die Gesundheitspolitik der neuen Ampelkoalition diskutierte. Moderiert wurde die Veranstaltung von Gerhard Schröder vom Deutschlandradio.

Der Krieg in der Ukraine und die daraus folgende medizinische Versorgung der Geflüchteten, die Herausforderungen für die nachhaltige Finanzstabilität der gesetzlichen Krankenversicherung und die angedachten Reformen der stationären Versorgung waren die drei Schwerpunkte des einstündigen Gesprächs.

Herr Lauterbach und Frau Pfeiffer unterhalten sich

Hilfe für Ukraine-Flüchtlinge

Zu Beginn äußerten sowohl Karl Lauterbach als auch Doris Pfeiffer ihre Sorge über den Angriffskrieg auf die Ukraine und betonten gleichzeitig, dass die GKV alles tun werde, um eine umfassende medizinische Versorgung für nach Deutschland kommende Flüchtlinge sicherzustellen. In neun Bundesländern existieren dazu Verträge der Länder mit den Kassen, so dass elektronische Gesundheitskarten an Geflüchtete ausgegeben werden, was die Versorgung und Abrechnung deutlich vereinfacht, da die sonst zuständigen kommunalen Sozialämter entlastet werden. Beide Diskutanten waren sich in dem Wunsch einig, dass auch die anderen Bundesländer solche Verträge mit der GKV abschließen sollten und somit eine einheitliche und flächendeckende Versorgung der ukrainischen Flüchtlinge sichergestellt wäre. Die gesetzliche Krankenversicherung steht dafür bereit.

GKV-Finanzen stabilisieren

Angesichts eines von beiden Gesprächspartnern erwarteten Defizits von 17 Milliarden Euro für die GKV in 2023 war die Frage, wie diese Lücke durch politische Maßnahmen geschlossen werden kann. Pfeiffer betonte hier die Notwendigkeit der vollständigen Finanzierung staatlicher Aufgaben aus Steuermitteln, konkret die Höhe der Beiträge, die der Bund für die Versorgung von ALG-II-Empfangenden überweist. Bei einer vollständigen Refinanzierung würde das allein die GKV um rund zehn Milliarden Euro entlasten. Lauterbach kündigte an, dass das Bundesfinanzministerium zukünftig aktiv in die Arbeit des GKV-Schätzerkreises eingebunden wird. Auch steigende Krankenkassenbeiträge brachte der Minister ins Spiel, wovor Pfeiffer angesichts der sowieso schon gestiegenen Belastung der Bevölkerung etwa durch hohe Energiepreise warnte. Zur Forderung des GKV-Spitzenverbandes nach einer Absenkung der Mehrwertsteuer für Arzneimittel und Medizinprodukte auf sieben Prozent sagte Lauterbach:

Großer Reformbedarf in der stationären Versorgung

Einigkeit herrschte auch darüber, dass eine Reform der Krankenhausversorgung ansteht. Der Minister sprach sogar von drei Reformvorhaben: erstens eine bessere Notfallversorgung, zweitens eine Reform der Krankenhausfinanzierung und drittens den Umbau der Krankenhausstrukturen. Hierzu solle laut Koalitionsvertrag zügig eine Kommission eingesetzt werden, die, so Lauterbach, konkrete Arbeitsaufträge bekommt, um Vorschläge für eine Reform machen zu können. Die Frage zur Zukunft kleinerer, defizitärer Krankenhausstandorte griff Doris Pfeiffer mit einer Gegenfrage auf:

Im Laufe des Gesprächs erreichten die Diskutierenden Fragen der Zuschauerinnen und Zuschauer aus dem Chat, u. a. zur angedachten Reform des Gemeinsamen Bundesausschusses. Lauterbach sprach hier einerseits noch einmal die Stärke der Selbstverwaltung an und betonte andererseits die Bedeutung evidenzbasierter Medizin. Er äußerte sich in diesem Zusammenhang kritisch zu vergangenen Reformen bei der Methodenbewertung im G-BA und kündigte an, hier über Bereinigungen von Fehlern nachzudenken. Schließlich bekräftigte er auf Nachfrage die Ablehnung von Leistungskürzungen für Versicherte.

Die Aufzeichnung der Veranstaltung ist auf der Homepage des GKV-Spitzenverbandes einsehbar. (faf)



Bleiben Sie auf dem Laufenden