Abbau von Reserven führt zum Negativergebnis
Der Ausgabenanstieg ist beträchtlich, aber im Kern nicht Ursache für das negative Finanzergebnis der Krankenkassen. Einen größeren Anteil hat die so genannte „Vermögensabgabe“ der Krankenkassen, die der Gesetzgeber der GKV auferlegt hatte. Alle Krankenkassen, deren Finanzreserven zum 30. Juni 2020 mehr als zwei Fünftel ihrer durchschnittlichen Monatsausgaben betrugen, waren verpflichtet, im Jahr 2021 von diesen als „überschüssig“ definierten Reserven rund zwei Drittel an den Gesundheitsfonds abzuführen. Insgesamt wurden den Krankenkassen auf diesem Weg Finanzreserven von 8 Mrd. Euro entzogen.
Umfassende Reformen zur Finanzstabilisierung notwendig
Hinsichtlich der drohenden Finanzierungslücke für das Jahr 2023, die seitens der GKV und des BMG auf ca. 17 Mrd. Euro geschätzt wird, ist die Bundesregierung unverändert dringend gefordert, gesetzgeberisch die Weichen für eine nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung ab 2023 zu stellen.
Die Ampel hat sich in ihrem Koalitionsvertrag einige konkrete finanzwirksame Reformmaßnahmen verständigt. Hierzu zählen auf der Einnahmenseite die jährliche Dynamisierung der Bundesbeteiligung und die Erhöhung der Beitragspauschalen des Bundes für ALG II Bezieherinnen und Bezieher. Auf der Ausgabenseite steht insbesondere die Fortgeltung des Arzneimittel-Preismoratoriums und die vorgezogene Geltung der verhandelten Erstattungsbeträge für patentgeschützte Arzneimittel ab dem 7. Monat nach Markteintritt.
Diese Maßnahmen stellen eine gute Basis für die dringend benötigte Finanzreform dar. Sie müssen jetzt dringend umgesetzt werden, reichen aber nicht aus. Eine besonders wirksame flankierende Maßnahme wäre die dauerhafte Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel und Medizinprodukte auf das Niveau, welches auch für Grundnahrungsmittel gilt. Bei Anwendung des ermäßigten Steuersatzes könnten die Beitragszahlenden jährlich in einer Größenordnung von rund 6 Mrd. Euro entlastet werden.
Mittelfristig müssen weitere strukturelle Reformen angegangen werden. Insbesondere in der stationären Versorgung, mit über 82 Mrd. Euro der größte Ausgabenbereich der GKV, sollten bestehende Wirtschaftlichkeitsdefizite abgebaut werden.
Die aktuellen Kennzahlen der gesetzlichen Krankenversicherung (KV45) sind auf unserer Homepage zu finden. (kme)