Heilmittel

Digitalisierung der Heilmittel-Versorgung nimmt Fahrt auf

Juli 2021

Mit dem Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz – DVPMG) wird die Digitalisierung im Gesundheitswesen auch in der Heilmittelversorgung vorangetrieben. Versicherte erhalten einen Rechtsanspruch auf telemedizinisch erbringbare Heilmittel. Nachbesserungsbedarf besteht allerdings bei der Qualitätssicherung dieser Leistungen.

Die Behandlung per Video ist bereits seit Frühjahr 2020 als Ausnahmeregelung während der Corona-Pandemie Realität. Zuvor fand die Versorgung mit Heilmitteln ausschließlich im persönlichen Kontakt in der Praxis statt. Patientinnen und Patienten können seitdem medizinisch notwendige Behandlungen in der Physio-, Ergo-, Sprach- und Ernährungstherapie somit auch per Videokontakt in Anspruch nehmen, sofern die Therapien hierfür geeignet sind. Diese Möglichkeit soll nun verstetigt werden.

Neuer Rechtsanspruch auf telemedizinische Heilmittelleistungen

Versicherte erhalten mit dem DVPMG einen Rechtsanspruch auf telemedizinisch erbringbare Heilmittelleistungen. Die Vertragspartner auf Bundesebene – der GKV-Spitzenverband und die maßgeblichen Berufsverbände der Heilmittelerbringenden – werden beauftragt, bis zum 31. Dezember 2021 die notwendigen Details zu regeln. Festzulegen ist insbesondere, welche Heilmittel bei welchen Erkrankungen als telemedizinische Leistung infrage kommen können und welche technischen Vorgaben einzuhalten sind. Um datenschutzrechtlichen Aspekten Rechnung zu tragen, sind die Vereinbarungen im Benehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sowie der gematik zu schließen. Aktuell berät der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), die Beschlussfassung wird für den Herbst 2021 erwartet. Die Ergebnisse bilden dann die Grundlage für die Vertragsverhandlungen.

Qualität von DiGA muss überprüfbar sein

Mit dem DVPMG werden die Grundlagen gelegt, um die Gesundheitsversorgung auch im Heilmittelbereich um digitale Angebote zu erweitern. Beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) gelistete Apps sind dann eigenständiger Teil der Gesundheitsversorgung. So kann z. B. eine physiotherapeutische Behandlung durch eine entsprechende App begleitet oder nach Abschluss der Behandlung gezielt fortgeführt werden. Unnötige Abstriche macht der Gesetzgeber allerdings bei der Evidenz: Während der Nutzen neuer Heilmittel in einem umfangreichen Bewertungsverfahren beim G-BA nachzuweisen ist, muss für DiGA lediglich ein „positiver Versorgungseffekt“ belegt werden. Dieser kann bereits in einer Erinnerungsfunktion der App bestehen.

Älterer und jüngerer Mann mit Tablet

Digitale Anbindung der Heilmittelerbringer in die Wege geleitet

Um die Digitalisierung flächendeckend in der Versorgung zu etablieren, wurden mit dem Gesetz zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur und dem Digitale-Versorgung-Gesetz erste Schritte unternommen. Das DVPMG sieht nun vor, dass künftig alle Heilmittelerbringenden auf die für sie relevanten Teile der elektronischen Patientenakte zugreifen können. Zudem sind vertragsärztliche Heilmittelverordnungen ab dem 1. Juli 2026 verpflichtend elektronisch zu übermitteln. Hierfür sind die Dienste und Komponenten der Telematikinfrastruktur zu verwenden. Zum Ausgleich der Ausstattungs- und Betriebskosten erhalten die Heilmittelerbringenden im Bereich der Physiotherapie bereits ab 1. Juli 2021 die vereinbarten Erstattungen von den Krankenkassen, ab 1. Juli 2024 alle weiteren Heilmittelerbringenden. Das Nähere zur Abrechnung vereinbaren der GKV-Spitzenverband und die maßgeblichen Verbände der Heilmittelerbringenden auf Bundesebene bis zum 1. Januar 2024.

Das DVPMG schafft wichtige Grundlagen für eine moderne Heilmittelversorgung. Die Qualität der der Versorgung und die Sicherheit der Patientinnen und Patienten dürfen dabei aber nicht auf der Strecke bleiben. Die bewährten Verfahren zum Nutzennachweis müssen für Digitale Anwendungen genauso gelten wie für herkömmlich erbrachte Heilmittelleistungen. (chq, fro, akw)

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