Fehlverhalten im Gesundheitswesen

Anti-Korruptionsgesetz hat Lücken

Juni 2016

Mit der abschließenden Beratung des Bundesrates am 13. Mai 2016 hat das Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen (Anti-Korruptionsgesetz) die letzte Hürde genommen. Das Gesetz ist nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt am 4. Juni 2016 in Kraft getreten.

Mit dem Anti-Korruptionsgesetz werden insbesondere neue Straftatbestände der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen in das Strafgesetzbuch eingeführt und die vom Bundesgerichtshof aufgedeckten Strafbarkeitslücken geschlossen. Zugleich sind durch die vom Bundestag beschlossenen Änderungen im Vergleich zum Ursprungsentwurf erhebliche Schutzlücken entstanden:

So wurde die im Regierungsentwurf vorgesehene Tatbestandsvariante Nr. 2 (die Verletzung von berufsrechtlichen Pflichten zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit) gestrichen. Damit sollte Bedenken im Hinblick auf die Unbestimmtheit und Uneinheitlichkeit bei einem Teil der in Bezug genommenen Berufsordnungen Rechnung getragen werden. Jedoch ist dies ein problematisches Zugeständnis an die Ärztekammern, die Medizinprodukte- und Pharmaindustrie: Die Streichung läuft nämlich darauf hinaus, dass Zuwendungen von Monopolen zukünftig nicht unter Strafe gestellt werden. Das aber geht an der Wirklichkeit im Gesundheitswesen vorbei. Neue Arzneimittel, zu denen es keine vergleichbare Alternative im Markt gibt, sind ein Beispiel dafür: Hier tritt das Pharmaunternehmen als Monopolist auf. Es könnte die Verkaufszahlen seines Medikaments steigern, indem es die Ärzte mit Zuwendungen versieht, ohne sich strafbar zu machen. Da die Pharmaunternehmen im ersten Jahr die Preise beliebig festlegen dürfen, ist der Anreiz dafür nicht zu unterschätzen.

Apotheker werden geschont

Problematisch ist ferner die Streichung der im Regierungsentwurf noch vorgesehenen Strafbarkeit der Abgabe von Arzneimitteln. Dieser Tatbestand beinhaltet, dass Apotheker belangt werden können, wenn sie für die Abgabe bestimmter Medikamente vom Hersteller Vergünstigungen erhalten. Ein Beispiel dafür sind Arzneimittelrabatte: Hier schließen die Kassen zunehmend mehrere Rabattverträge für den gleichen Wirkstoff ab. Um mehr von seinem Rabattarzneimittel abzugeben, kann ein Pharmaunternehmen den Apotheker bestechen. Durch die Streichung dieses Tatbestandes kann dies auch zukünftig erfolgen, ohne dass der Hersteller eine strafrechtliche Verfolgung fürchten muss.

Der Bundesrat hat deshalb eine konsequente Entschließung verabschiedet und die Bundesregierung zur Beobachtung aufgefordert, ob die genannten Strafverfolgungslücken in einem Umfang auftreten, der geeignet ist, das Vertrauen der Patienten in das Gesundheitssystem zu beeinträchtigen und dann notwendige gesetzliche Änderungen vorzunehmen.

Eine Frau hält eine rote Karte hoch

Daneben stärkt das Anti-Korruptionsgesetz die organisationsübergreifende Zusammenarbeit der Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen, die bei allen Kranken- und Pflegekassen sowie beim GKV-Spitzenverband eingerichtet sind.

Reger Austausch bei der alljährlichen Fachtagung des GKV-Spitzenverbandes

Der GKV-Spitzenverband wird dazu den bereits etablierten regelmäßigen Erfahrungsaustausch der Fehlverhaltensstellen mit Vertretern der Staatsanwaltschaft weiter vertiefen, an dem zukünftig auch Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigungen und der berufsständischen Kammern zu beteiligen sind. Schwerpunkt der diesjährigen Fachtagung als Forum des Austausches war neben dem neuen Anti-Korruptionsgesetz das Thema Schadenshochrechnung beim Abrechnungsbetrug. Hierzu referierten und diskutierten ausgewiesene Experten aus dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und aus der Strafrechtswissenschaft sowie erfahrene Staatsanwälte, Straf- und Sozialrichter. Der Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestages, Prof. Dr. Edgar Franke, eröffnete die Veranstaltung mit einem Grußwort.

Wie bereits in den letzten Jahren war die Veranstaltung sehr gut besucht. Über zwei Tage fand reger Erfahrungsaustausch der Fehlverhaltensstellen mit Vertretern Kassenärztlicher Vereinigungen, Ärztekammern und der Staatsanwaltschaft statt.

Zum Thema Fehlverhalten im Gesundheitswesen finden Sie einen Schwerpunkt auf der Internetseite des GKV-Spitzenverbandes.

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