GKV Live

Revolution oder Reinfall: Bringt die Krankenhausreform echte Verbesserungen für die Versorgungsqualität?

April 2023

Vor dem Hintergrund der gemeinsamen Arbeit der Bund-Länder-Gruppe stellt sich die Frage, wie die Krankenhausreform die Versorgungsqualität von Patientinnen und Patienten im Krankenhaus verbessern kann, und wie eine nachhaltige Finanzierungsstruktur gestaltet werden muss? Wie passen bundeseinheitliche Qualitätsstandards mit den Öffnungsklauseln der Bundesländer zusammen? Um diese und weitere Fragen drehte sich die GKV Live-Veranstaltung zum Thema Krankenhausreform am 28. März 2023.

In ihrem Impulsstatement ordnete Professorin Leonie Sundmacher, Leiterin des Fachgebiets für Gesundheitsökonomie an der TU München und Mitglied der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung, das deutsche Krankenhauswesen noch einmal in sein Umfeld ein. Sie verwies auf die hohe Anzahl der Kliniken, der Ärztinnen und Ärzte sowie auf die im internationalen Vergleich ausreichenden Zahlen des Fach- und Pflegepersonals - die aber durch zu viele stationäre Fälle überlastet seien. Ziel der Reform müsse daher sein, die hohe Drehzahl im Krankenhaus zu reduzieren und verlässliche wirtschaftliche Grundlagen für die Krankenhäuser zu schaffen. Das Finanzierungssystem über Fallpauschalen müsse dazu reformiert, aber nicht abgeschafft werden.

Flächendeckend hohe Qualität vs. Ausnahmeklauseln der Länder

In der anschließenden Diskussionsrunde vertiefte Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes, die angesprochenen Themen mit den Bundestagsabgeordneten Dr. Christos Pantazis (SPD), Tino Sorge (CDU ), Dr. Janosch Dahmen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie mit Prof. Wolfgang Greiner, Lehrstuhlinhaber für Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement an der Universität Bielefeld.

Eine der Fragen, die das Podium umtrieb, war, ob die Krankenhausreform angesichts der zum Teil widerstreitenden Interessen von Bund und Ländern überhaupt gelingen könne. Die Vertreter der Ampelkoalition zeigten sich hier optimistisch, da sowohl Bund als auch Länder sehr an einer gemeinsamen Lösung interessiert seien. Auch Prof. Greiner betonte, dass im Vergleich zu früheren Reformversuchen mehr Druck zur Einigung bestehe, da klar sei, dass die Zahl der Krankenhäuser auf jeden Fall sinken werde – ob ungeplant oder aber geordnet mit einer Reform.

Impressionen von der GKV Live-Veranstaltung „Revolution oder Reinfall: Bringt die Krankenhausreform echte Verbesserungen für die Versorgungsqualität?“ am 28. März 2023

Stefanie Stoff-Ahnis machten die von den Ländern angestrebten Ausnahmeklauseln zu den Leistungsgruppen Sorgen. Für eine flächendeckend qualitativ hochwertige Versorgung sei es entscheidend, dass die angelegten Qualitätskriterien, an die auch die zukünftigen Vorhaltepauschalen geknüpft seien, bundesweit einheitlich gelten. Jede Ausnahme, die die Länder durchsetzen, könne die Qualität der stationären Versorgung aufweichen und die Krankenhausstruktur zementieren, statt sie zu verändern.

Widersprüchliche Analysen zu den Auswirkungen

Einer der strittigen Punkte der Reform sind die vorgeschlagenen 1i-Krankenhäuser, die einen Teil der Grundversorgung der Bevölkerung übernehmen sollen. Tino Sorge zeigte sich skeptisch, dass die Bevölkerung die angestrebten Gesundheitszentren annehmen würde und dass das Personal in diesen Strukturen arbeiten möchte. Er bemängelte die Kommunikation des Bundesgesundheitsministeriums als unzureichend, um Sorgen der Bevölkerung, insbesondere in ländlichen Regionen, abzubauen. Dass diese Sorgen vor Krankenhausschließungen berechtigt seien, zeige eine kürzlich vorgestellte Auswirkungsanalyse der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Hier erntete er klaren Widerspruch von Stefanie Stoff-Ahnis, die die methodische Ausgestaltung dieser Analyse kritisierte: Die bisher kursierenden Zahlen zu zukünftigen Krankenhausstandorten berücksichtigten gerade nicht, dass es zu Konzentrations-, Fusions- oder Umwandlungsprozessen in den Häusern kommen werde, sondern wendeten eine Fallbeillogik an und suggerierten, dass Einrichtungen flächendeckend schließen müssten. Das sei nicht der Fall.

Alle Beteiligten mitnehmen

Auch das Thema der Einbeziehung der Selbstverwaltung und die erwarteten Kosten der Reform kamen zur Sprache. Dr. Janosch Dahmen betonte, dass die Koalition verschiedene Wege für einen Reformweg ausgelotet, sich aber letztlich für eine sehr schlanke Expertenkommission entschieden hätte, die Vorschläge erarbeitet. Im weiteren Prozess sollten selbstverständlich alle relevanten Akteurinnen und Akteure einbezogen werden. Dr. Christos Pantazis unterstützte diesen Gedanken, da mit Blick auf die desolate Lage der Krankenhäuser keine Zeit für einen intensiven Beteiligungsprozess mit Krankenkassen, Krankenhausträgern u. a., wie z. B. Niedersachsen ihn durchführt, bestände. Dass nun die Selbstverwaltung außen vor bleibt, sei ein - so wörtlich - Kollateralschaden.

Was kostet die Reform?

Prof. Greiner war der Meinung, dass eine umfassende Krankenhausreform nicht zum Nulltarif zu bekommen sei. Als Beispiel diene die Krankenhausreform in Dänemark, die rund 20 Milliarden Euro gekostet habe. Die Spekulationen über möglicherweise hohe Kosten wirken zum jetzigen Zeitpunkt allerdings reformabschreckend, meinte Stefanie Stoff-Ahnis. Der Bundesgesundheitsminister betone immer wieder, dass Gelder umverteilt würden, da weder im Bundeshaushalt noch in der gesetzlichen Krankenversicherung finanzielle Spielräume vorhanden seien. Für Dr. Janosch Dahmen sind die inhaltlichen Festlegungen in der Reform prioritär, danach würde man sehen, was diese kosten könnten.

Einigkeit bestand abschließend auf dem Podium, dass für das Gelingen der Reform entscheidend sein werde, wie die Bevölkerung in der Umsetzung mitgenommen wird. Hier bestehe gerade in der Kommunikation noch Raum zur Verbesserung. (jah, faf)

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