Krankenhaus

Zu häufig ist zu wenig Pflegepersonal im Einsatz

Dezember 2021

Vor vier Jahren glich die pflegerische Versorgungssituation in Krankenhäusern einer empirischen Wüste. Durch die Entwicklung, Einführung und sukzessive Ausweitung von Pflegepersonaluntergrenzen gibt es erstmals Transparenz über die Pflegepersonalbesetzung in bestimmten Krankenhausbereichen.

Seit Januar 2019 gelten für Krankenhäuser verbindliche Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen. Das Instrument legt für jeden pflegesensitiven Bereich stationsbezogen eine Mindestanzahl an Pflegekräften zur Versorgung einer festgelegten Anzahl an Patientinnen und Patienten fest. Wird im Monatsdurchschnitt weniger Pflegepersonal als vorgeschrieben eingesetzt, muss das Krankenhaus Vergütungsabschläge hinnehmen oder zukünftig die Patientenzahl reduzieren.

Zwölf Prozent unterbesetzte Schichten

Nachdem mit vier pflegesensitiven Bereichen in 2019 gestartet wurde, sind jährlich weitere Bereiche sukzessive hinzugekommen. Für das zweite Quartal 2021 liegen Nachweise über die Einhaltung von Pflegepersonaluntergrenzen in zwölf pflegesensitiven Bereichen von rund 1.300 Krankenhäusern vor (Abbildung). Diese Nachweise umfassen 74.000 Meldungen über die Patientenbelegung und Pflegepersonalbesetzung von rund 8.400 Stationen je Monat sowie je Tag- und Nachtschicht.

Balkendiagramm, das den Anteil unterbesetzter Personalschichten auf verschiedenen Stationen im Krankenhaus zeigt.

Aus den Nachweisen geht hervor, dass 12,5 Prozent der Schichten unterbesetzt waren. Im Bereich neurologische Schlaganfalleinheit waren sogar rund 20 Prozent der Schichten unterbesetzt – also jede fünfte Schicht! Das ist ein besorgniserregendes Bild, denn die Einhaltung der Mindestbesetzung ist erforderlich und wichtig, um Patientinnen und Patienten vor unerwünschten Ereignissen sowie Pflegekräfte vor Überlastung zu schützen.

Mehrere Pflegekräfte und Patienten laufen über einen Krankenhausflur.

Neue Pflegepersonaluntergrenzen ab 2022

Für das Jahr 2022 sind weitere Pflegepersonaluntergrenzen für die Bereiche Orthopädie, Gynäkologie und Geburtshilfe sowie eine Ausdifferenzierung der Pädiatrie nach den Teilbereichen allgemeine Pädiatrie, spezielle Pädiatrie und neonatologische Pädiatrie vorgesehen. Im weiteren Verlauf setzt sich der GKV-Spitzenverband dafür ein, Pflegepersonaluntergrenzen in allen übrigen bettenführenden Krankenhausbereichen einzuführen. Die vollständige Ausweitung der Untergrenzen ist der einzig sinnvolle Schritt, um zukünftig Personal- und Patientenverlagerungseffekte zu vermeiden und Patientinnen und Patienten sowie Pflegekräfte zu schützen. Dabei sind Pflegepersonaluntergrenzen im Schulnotenvergleich bestenfalls eine „4“: Gerade noch versetzt, aber alles andere als gut! Sie dienen lediglich dazu, Patientengefährdung zu vermeiden und sind kein Ersatz für das zu entwickelnde Personalbemessungsinstrument. Und der Alltag auf vielen Stationen zeigt, dass selbst diese Untergrenzen oft nicht erreicht werden. (cht)

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