Heilmittel

Bundesvertrag Physiotherapie in Kraft

September 2021

Der bundeseinheitliche Vertrag über die Versorgung mit Leistungen der Physiotherapie und deren Vergütung ist zum 1. August 2021 in Kraft getreten. Aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes geben die neuen Preise sowohl Leistungserbringenden als auch der gesetzlichen Krankenversicherung Klarheit und ermöglichen eine leistungsgerechte Vergütung und wirtschaftliche Versorgung. Die verhandelnden Physiotherapie-Verbände haben jedoch Klage gegen den zugrundeliegenden Schiedsspruch eingereicht, obwohl sie ihm zuvor zugestimmt hatten.

Mit dem Vertrag der Physiotherapie konnten nun für den dritten Heilmittelbereich die zuvor zwischen den einzelnen Krankenkassen und den Heilmittelerbringenden geschlossenen Verträge abgelöst und damit der gesetzliche Auftrag umgesetzt werden. Schon vorher in Kraft getreten sind die Bundesverträge der Podologie sowie der Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie. Ausstehend sind derzeit noch die entsprechenden Verträge für die Ergo- und die Ernährungstherapie. Die neuen bundeseinheitlichen Verträge gehen zurück auf das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG).

Physiotherapeutin unterstützt einen Patienten mit Trainingsbändern.

Konstruktive Verhandlungen, aber beim Preis kein Konsens

Bereits im November 2019 haben die Verhandlungen über den bundesweiten Vertrag nach § 125 SGB V zwischen den maßgeblichen Physiotherapie-Verbänden und dem GKV-Spitzenverband begonnen. Insgesamt gab es über 25 Termine zu den einzelnen Verhandlungsthemen: Vertrag, Leistungsbeschreibung, Vergütung, notwendige Angaben auf der Verordnung, Fortbildung, Zulassung und Weiterbildung. Die Vertragspartner konnten dabei wesentliche Inhalte konsentieren und haben so die Grundlage für eine neue, bürokratieärmere Versorgung in der Physiotherapie gelegt.

Trotz der konstruktiven Verhandlungen konnten sie sich aber nicht in allen Punkten einigen - insbesondere hinsichtlich der wirtschaftlichen Preise war dies auf dem Verhandlungsweg nicht möglich. Hintergrund dafür war nicht zuletzt eine von den beteiligten Physiotherapie-Verbänden veröffentlichte Wirtschaftlichkeitsanalyse ambulanter Therapiepraxen, das sogenannte WAT-Gutachten. Es stellte den Physiotherapeutinnen und –therapeuten Preissteigerungen von 60 Prozent und mehr in Aussicht und schränkte damit den Verhandlungsspielraum der Verbände drastisch ein. Im Ergebnis musste daher im Oktober 2020 die Schiedsstelle angerufen werden, die nach insgesamt vier Terminen und 184 Schriftstücken am 21. Juli 2021 den Schiedsspruch fällte.

Schiedsstellenspruch: Massive Vergütungserhöhungen

Dieser sieht insbesondere eine Anpassung der Vergütung um +14,09 Prozent für eine leistungsgerechte und wirtschaftliche Versorgung in der Physiotherapie vor, was auf Seiten der Krankenkassen zu Mehrausgaben von nahezu einer Mrd. Euro führt, die von den Beitragszahlenden finanziert werden müssen. Die Anpassung erfolgt auf Basis der zum 1. Juli 2019 gültigen Bundespreise.

Da die Schiedsstelle laut Gesetz die Vergütung bis zum 31. März 2021 hätte festsetzen müssen, wurde für ihre verspätete Entscheidung eine sogenannte Ausgleichszahlung für die Heilmittelerbringenden für die Monate April bis Juli 2021 erforderlich. Daher wurden die Preise in der Physiotherapie für den Zeitraum vom 1. August 2021 bis 30. November 2021 sogar um 26,67 Prozent angehoben. Darin sind die seit 1. April 2021 bereits um +1,51 Prozent angepassten Preise berücksichtigt.

Neue und weitergehende Herausforderungen

Trotz dieser erneut massiven Erhöhung haben die vier maßgeblichen Physiotherapie-Verbände inzwischen gegen den Schiedsspruch - der im Übrigen ohne ihre aktive Zustimmung nicht zustande gekommen wäre - Klage vor Gericht eingereicht. Es bleibt abzuwarten, wie das Urteil ausfallen wird und welche Folgen sich daraus ergeben.

Fest stehen jedoch schon jetzt die Herausforderungen, die den Vertragspartnern aktuell bevorstehen: Sie haben sich noch auf eine neue Anlage zur Prüfung der Weiterbildung in der Physiotherapie und eine aktualisierte Leistungsbeschreibung zu verständigen. Darüber hinaus gilt es, einen Vertrag nach § 125a SGB V zur „Blankoversorgung“ zu schließen und die telemedizinischen Leistungen im Vertrag nach § 125 SGB V umzusetzen. Wir werden an dieser Stelle weiter darüber berichten. (cza)

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