Digitale Gesundheitsanwendungen

Gesundheits-Apps: Was erwarten Versicherte?

Februar 2021

Seit wenigen Monaten hat sich das Spektrum an Hilfsmitteln bei Erkrankungen erweitert: Erstmals können gesetzlich Versicherte digitale Gesundheitsanwendungen auf Kassenkosten in Anspruch nehmen. Was aber versprechen sich Versicherte von diesen Apps, welchen Nutzen erwarten Sie – und vielleicht auch Risiken? Der GKV-Spitzenverband hat Versicherte befragt; die Ergebnisse sollten bei weiteren App-Entwicklungen berücksichtigt werden.

Seit dem 6. Oktober 2020 können die ersten digitalen Gesundheitsanwendung (DiGA bzw. umgangssprachlich Gesundheits-Apps) zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden. Voraussetzung für die Verordnungsfähigkeit ist die Bewertung der Anwendung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Nach positiver Bewertung wird die Anwendung in das DiGA-Verzeichnis aufgenommen, das alle verordnungsfähigen Anwendungen auflistet. Um die neuen Gesundheits-Apps zügig in die Versorgung zu bringen, hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass diese im ersten Jahr nach Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis ohne Preisvereinbarung mit den Kostenträgern durch Ärztinnen und Ärzte verordnet werden können. Das bedeutet: Die Herstellerfirmen können die Preise ihrer App für die ersten zwölf Monate völlig frei festlegen. Mittlerweile sind zehn Gesundheits-Anwendungen gelistet und 23 weitere sind in Vorbereitung; die Preise dieser Apps bewegen sich zwischen 117 und 744 Euro im Quartal, bewegen sich aber überwiegend zwischen 400 und 500 Euro. Das finanzielle Gesamtvolumen ist derzeit noch schwer abschätzbar.

Befragte offen gegenüber DiGAs

Um die Einstellung der Bevölkerung zur Nutzung von Gesundheits-Apps näher zu untersuchen hat der GKV-Spitzenverband eine repräsentative Befragung durchführen lassen. Dabei wurden im Dezember 2019 2.000 Personen repräsentativ durch die Marktforschungsfirma Ipsos befragt. Als erstes Ergebnis zeigt sich eine grundsätzliche Bereitschaft zur Nutzung von DiGAs: 14 % der Befragten haben schon mindestens einmal eine Gesundheits-App (ohne Sport- und Ernährungs-Apps) genutzt. Zwei Drittel der Befragten können sich eine Nutzung von Gesundheits-Apps zwar vorstellen, insbesondere Ältere haben aber Bedenken (siehe Abbildung 1).

Abbildung zeigt die grundsätzlichen Bedenken gegenüber der Nutzung von Gesundheits-Apps: 68 Prozent der Befragten haben im Durchschnitt keine Bedenken, 32 Prozent haben Bedenken.

So wünschen 75 % der Befragten einen wissenschaftlichen Nachweis der Wirksamkeit von Gesundheits-Apps (siehe Abbildung 2).

Abbildung zeigt die Zustimmung zur These "Die Wirksamkeit von Gesundheits-Apps muss in wissenschaftlichen Studien erst nachgewiesen werden.": 47 Prozent der Befragten stimmen voll und ganz zu, 27 Prozent stimmen eher zu, 9 Prozent stimmen eher nicht zu, 2 Prozent stimmen überhaupt nicht zu. 14 Prozent machten keine Angaben.

Korrelierend damit befürchten 55 % der Befragten steigende Beiträge der Krankenkassen ohne erwiesenen Gesundheitsnutzen (siehe Abbildung 3). Befürchtungen haben vor allem Befragte mit einem geringeren Bildungsstatus, kränkere Befragte sowie Befragte ohne eine bisherige Nutzung von Gesundheits-Apps.

Abbildung zeigt die Zustimmung der Befragten zur These "Gesundheits-Apps führen zu zusätzlichen Kosten der Krankenkassen, ohne dass der Gesundheitsnutzen insgesamt erwiesen ist.": 28 Prozent stimmen voll und ganz zu, 27 Prozent stimmen eher zu, 19 Prozent stimmen eher nicht zu, 7 Prozent stimmen überhaupt nicht zu. 20 Prozent der Befragten machten keine Angabe.

Sorge vor Kontrolle durch Apps

Gesundheits-Apps können auch eine soziale Kontrolle in Bezug auf das individuelle Gesundheitsverhalten erzeugen, so jedenfalls nimmt es die Mehrheit der Befragten (55 %) wahr (siehe Abbildung 4). Insbesondere einkommensstärkere und gesundheitsbewusstere jüngere Befragte befürworten eine Beeinflussung des Gesundheitsverhaltens. Allerdings lehnt immerhin ein Drittel der Befragten eine Nutzung zur Beeinflussung des Gesundheitsverhaltens ab – hier sind einkommensschwächere und ältere Befragte in der Mehrheit.

Abbildung beschreibt die Meinung der Befragten zu einer möglichen Beeinflussungen des Gesundheitsverhaltens durch Apps: Der These "Gesundheits-Apps erhöhen den Druck auf Versicherte, sich gesundheitsgerecht zu verhalten" stimmen 27 Prozent voll und ganz zu, 28 Prozent stimmen eher zu, 20 Prozent stimmen eher nicht zu, 7 Prozent stimmen überhaupt nicht zu.
Der These "Gesundheits-Apps sollten genutzt werden, um das Gesundheitsverhalten von Versicherten zu messen und gesundheitsförderndes Verhalten zu belohnen" stimmen 25 Prozent voll und ganz zu, 26 Prozent stimmen eher zu, 19 Prozent stimmen eher nicht zu, 13 Prozent stimmen überhaupt nicht zu. Jeweils 17 Prozent der Befragten machen keine Angaben.

Insgesamt zeigt die Befragung eine sehr differenzierte Sichtweise der Befragten auf die Nutzung von Gesundheits-Apps. Zwar ist die Mehrheit bereit, Gesundheits-Apps zu nutzen, doch werden Bedenken hinsichtlich des Kosten-Nutzen-Verhältnisses sowie der Beeinflussung des Gesundheitsverhaltens geäußert. Gesundheits-Apps sollten zudem ihre Wirksamkeit wissenschaftlich nachweisen. Diese Wünsche der Bevölkerung sollten bei der Weiterentwicklung der gesetzlichen Ausgestaltung der Einführung von Gesundheits-Apps größere Berücksichtigung finden. (pak)

In einer früheren Version dieses Artikels hatten wir die Preisspanne der aktuell zehn verordnungsfähigen Gesundheits-Apps mit 222 bis 744 Euro falsch angegeben. Wir haben den Fehler korrigiert.

Bleiben Sie auf dem Laufenden