Fast jeder gesetzlich Versicherte hat es schon einmal in seiner Hand gehabt. Das sogenannte rosafarbene Rezept, auch Arzneiverordnungsblatt (Muster 16) genannt, wird pro Monat ca. 40 Millionen mal in Apotheken eingereicht. Der Apotheker versorgt die Versicherte mit dem verordneten Arzneimittel und rechnet anschließend die Kosten hierfür mit der Krankenkasse ab. Für Versicherte ist das Rezept in erster Linie die Berechtigung, im Rahmen des Sachleistungsprinzips ein Arzneimittel ausgehändigt zu bekommen. Für Apothekerinnen und Apotheker dient es als Nachweis gegenüber der Krankenkasse, die Kosten für das abgegebene Arzneimittel in Rechnung stellen zu können. Die Krankenkasse wiederum benötigt das Rezept neben anderen Funktionen ggf. als Beleg für das Bundesversicherungsamt, um Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds zu erhalten. Die aufeinander aufbauenden und ineinandergreifenden Prozesse rund um das Rezept müssen daher äußerst effizient und zuverlässig sein. Es geht nicht zuletzt um einen Bruttoumsatz von 45,7 Milliarden Euro im Jahr 2018 (www.gkv-gamsi.de). Veränderungen am Arzneimittelabrechnungsgeschehen benötigen daher regelhaft eine Vorlaufzeit, um fehlerfrei implementiert werden zu können.
Mit dem GSAV sollen die Hauptbeteiligten am eRezept, die Kassenärztliche Bundesvereinigung, der Deutsche Apothekerverband und der GKV-Spitzenverband, bundeseinheitliche Rahmenvorgaben für dessen Umsetzung innerhalb von sieben Monaten schaffen. Die gematik, in der die Beteiligten Gesellschafter sind, soll bis Mitte 2020 die hierfür notwendigen technischen Voraussetzungen für eine eRezept-Anwendung in der Telematikinfrastruktur (TI) festlegen. Dieser Ansatz entspricht im Wesentlichen dem Gesetzesauftrag aus dem Jahr 2004, mit dem Unterschied, dass die Frist damals zwei Jahre betrug. 2004 war das eRezept als Ersatz für das Papierrezept gedacht.
Doch warum ist das eRezept vor zehn Jahren gescheitert? Das eRezept sollte damals auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) gespeichert werden. Eine Bindung an die eGK hat den Nachteil, dass eine Vielzahl von Versorgungssituationen nur äußerst umständlich in die Praxis umgesetzt werden können. Hierzu zählt vor allem der Versandhandel oder die Heimversorgung, denn in diesen Fällen blieb unklar, wie das eRezept versendet wird. Hinzu kommt, dass die notwendige Hardware für Ärztinnen, Ärzte und Apotheken damals noch nicht von den Herstellern produziert wurde. Es fehlte darüber hinaus ein Konzept zur schrittweisen Einführung des eRezepts. Des Weiteren gab es in den Tests erhebliche Handlingsprobleme, weil die mehrfache PIN-Eingabe aufgrund schlechter Umsetzung in den Primärsystemen sich als nicht praktikabel erwies.