Digitalisierung

Digitale Gesundheits-Anwendungen stärken – aber mit Nutzennachweis

August 2019

Im Juli 2019 hat das Bundeskabinett den Entwurf für das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) beschlossen. Der GKV-Spitzenverband begrüßt die politische Intention, Chancen und Potenziale digitaler Gesundheitsanwendungen für die Versorgung der Versicherten in Deutschland verstärkt nutzbar zu machen. Die Umsetzung im Rahmen dieses Gesetzes ist jedoch höchst kritikwürdig.

Konkret sehen die Gesetzespläne einen neuen Rechtsanspruch auf digitale Gesundheitsanwendungen unabhängig von und parallel zu den im SGB V bisher genannten Leistungsarten (Früherkennung von Krankheiten, ärztliche, zahnärztliche und psychotherapeutische Behandlung, Heilmittel, Hilfsmittel) vor. Dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte soll die Aufgabe übertragen werden, ein amtliches Verzeichnis erstattungsfähiger digitaler Gesundheitsanwendungen zu führen und auf Antrag von Herstellern über die Aufnahme zu entscheiden. Damit bricht der Gesetzgeber mit den etablierten Entscheidungsstrukturen zur Aufnahme von Innovationen in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung. Zudem verlagert er die Gestaltungsverantwortung von der gemeinsamen Selbstverwaltung an eine staatliche Institution – aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes eine gezielte Schwächung der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen.

Wo bleiben Wirtschaftlichkeit und Patientenschutz?

Von diesem grundsätzlichen ordnungspolitischen Problem abgesehen sind darüber hinaus die inhaltliche Ausgestaltung der Prüfkriterien und die Vergütungsregelungen inhaltlich nicht angemessen: Sie widersprechen den Grundprinzipien des Patientenschutzes und der Wirtschaftlichkeit. So birgt der vorgesehene Anspruch auf Kostenerstattung des Listenpreises im ersten Jahr nach Aufnahme den Fehlanreiz, überhöhte Einstiegskosten anzusetzen. Vergütungsvereinbarungen sind erst ab dem zweiten Jahr nach Aufnahme in das amtliche Verzeichnis vorgesehen – obwohl im ersten Jahr zu Erprobungszwecken nicht einmal die ohnehin niedrigen Anforderungen an nachweisbare Versorgungsverbesserungen gelten. Vor dem Hintergrund der typischen Charakteristika digitaler Gesundheitsanwendungen - schnelle Innovations- und Entwicklungszyklen, hohe Individualisierung, modulare Erweiterbarkeit - ist zu befürchten, dass es nach zwölf Monaten Erprobung gar nicht mehr zu der geforderten Bewertung der Zweckmäßigkeit und des Nutzens kommt.

Eine Person sitzt vor eine Cloud aus Piktogrammen, die Digitalisierung symbolisieren

Den finanziellen Belastungen der Beitragszahlenden steht dann eine digitale Gesundheitsanwendung mit einem ungeklärten Nutzen für Patientinnen und Patienten gegenüber. An digitale Gesundheitsanwendungen sollten jedoch grundsätzlich dieselben Maßstäbe zu Patientennutzen und Wirtschaftlichkeit angelegt werden wie an alle anderen GKV-Leistungen auch. Daher fordert der GKV-Spitzenverband vom Gesetzgeber eine deutliche Schärfung der Kriterien für die Aufnahme in das Verzeichnis digitaler Gesundheitsanwendungen. (bee)

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