Im gegliederten System der sozialen Sicherung obliegt den staatlichen Fürsorgeträgern die Aufgabe der Sicherung des Lebensunterhalts Bedürftiger. Dazu gehört auch die notwendige Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung. Dass diese den gesetzlichen Krankenkassen durch das Schaffen einer gesetzlichen Versicherungspflicht übertragen wurde, ist fraglos sachgerecht. Kritikwürdig ist allerdings, dass damit zugleich die Finanzverantwortung für Fürsorgeleistungen partiell vom Fiskus auf die Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verschoben wird. Denn die vom Bund gezahlte monatliche Krankenversicherungspauschale von derzeit rund 98 Euro ist für die GKV nicht annähernd ausgabendeckend. Welches Ausmaß diese Lastverschiebung von den Steuer- auf die Beitragszahlenden annimmt, zeigt ein aktuelles, im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit erstelltes Forschungsgutachten des IGES Instituts zur Berechnung kostendeckender Beiträge für gesetzlich versicherte Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II.
Beitragssatzrelevante Unterfinanzierung der GKV
Für das Jahr 2016 hat das IGES Institut eine Gegenüberstellung der Beitragseinnahmen und Ausgaben der GKV für gesetzlich versicherte ALG II-Beziehende erstellt. Bei seinen Berechnungen hat das Institut im Wesentlichen zwei Szenarien unterschieden. Im ersten Szenario wurde ein Finanzierungssaldo für alle ALG II-Beziehenden, d. h. inklusive der so genannten Aufstocker, berechnet. Denn auch für die Aufstocker, die zusätzliche Beiträge entweder aus einer Beschäftigung oder aus dem Bezug von Arbeitslosengeld I erbringen, erhält die GKV die vollen ALG II-Pauschalen des Bundes. Für die gesamte Gruppe der ALG II-Beziehenden (rd. 4,3 Mio. Personen) wurde eine Unterfinanzierung der GKV in Höhe von rd. 9,6 Mrd. Euro ermittelt. Eine ausgabendeckende monatliche Beitragspauschale hätte demnach im Jahr 2016 statt rd. 90 Euro etwa 275 Euro pro Kopf betragen müssen.