Über die Gründe für diese Angriffe kann nur gemutmaßt werden. Denn die Selbstverwaltung ist ein unverzichtbares Grundelement der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie stellt sicher, dass die Entscheidungen im Interessenausgleich derjenigen getroffen werden, die unmittelbar selbst davon betroffen sind. Zugleich garantiert Selbstverwaltung, dass Sachverhalte nach objektiven Maßstäben bewertet werden. Politische Mehrheiten spielen aus gutem Grund keine Rolle bei diesen Entscheidungen. Mit der Verstaatlichung der Entscheidungen durch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wird der Boden für eine Klientelpolitik bereitet, bei der die Gefahr entsteht, dass Interessen der Patientinnen und Patienten anderen, sachfremden Zielen untergeordnet werden. Die Zerschlagung der Selbstverwaltung hätte somit einen Systembruch in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Folge.
Politischer Richtungswechsel dringend nötig
Vor dem Hintergrund der aktuellen Pläne des Bundesgesundheitsministers erweisen sich die politischen Programmsätze aus dem Koalitionsvertrag zur Stärkung der Selbstverwaltung als leere Versprechen. Vertrauen schafft diese Art der Politik nicht – weder bei der Selbstverwaltung noch bei den Beitragszahlenden. Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes hat sich deshalb auf einer Sondersitzung am 24. April 2019 in aller Deutlichkeit insbesondere dagegen ausgesprochen, dass die ehrenamtlichen Vertreterinnen und Vertreter der Versicherten und der Arbeitgebenden aus dem Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes entfernt werden. Vielmehr müssen die Handlungsrechte der Selbstverwaltung gestärkt werden, um den aktuellen Herausforderungen in der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung angemessen begegnen zu können. Hier braucht es dringend einen politischen Richtungswechsel.
Diskussionsveranstaltung zur Rolle der Selbstverwaltung
Auch eine Ausgabe der Veranstaltungsreihe GKV Live wurde genutzt, um auf die Bedeutung der Selbstverwaltung hinzuweisen. Unter dem Titel „Eine starke Selbstverwaltung für ein starkes Gesundheitswesen“ diskutierten am 12. März 2019 die beiden Verwaltungsratsvorsitzenden mit Vertreterinnen und Vertretern der Politik.
Als Impulsgeber für die Diskussion trat Uwe Klemens, Verwaltungsratsvorsitzender GKV-Spitzenverband, vehement für eine starke Selbstverwaltung ein: „Das Ziel muss – heute wie auch zukünftig - sein, die gute gesundheitliche und pflegerische Versorgung der Menschen auf hohem qualitativem Niveau zu organisieren. Das Selbstverwaltungsprinzip ist vor diesem Hintergrund eine zentrale Stärke der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland“, so Klemens.