Arzneimittel

Unsere Zukunftsperspektive: der adjustierte Mischpreis

Dezember 2018

Liegt bei einem neuen Arzneimittel nur für eine bestimmte Patientengruppe ein Zusatznutzen vor, muss trotzdem ein einheitlicher Abgabepreis gelten – ein sogenannter Mischpreis wird verhandelt. Der GKV-Spitzenverband setzt sich für eine Weiterentwicklung dieser Preissystematik ein.

Seit Einführung des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) im Jahre 2011 beurteilt der Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) den Zusatznutzen neuer Arzneimittel. Sobald es mehrere Teilindikationen gibt, also Patientengruppen in unterschiedlichen Anwendungsgebieten, bei denen das Arzneimittel zum Einsatz kommt, wird eine differenzierte Nutzenbewertung seitens des G-BA vorgenommen. Für einige dieser Gruppen liegt ein Zusatznutzen des neuen Arzneimittels vor, für andere jedoch nicht. Es ist aber auch möglich, dass für alle Gruppen ein Zusatznutzen ausgesprochen wird, die Höhe des Zusatznutzens sich aber zwischen den Gruppen unterscheidet. Es gibt auch Fälle, bei denen keine Gruppe einen Zusatznutzen hat, sich jedoch die zweckmäßige Vergleichstherapie unterscheidet. Die nachfolgende Übersicht zu den aktuell gültigen Erstattungsbeträgen veranschaulicht, dass etwa 50 % aller Vertragsabschlüsse Arzneimittel mit mehreren Patientengruppen und unterschiedlichen Zusatznutzenbewertungen zum Gegenstand haben. Davon machen die 53 Arzneimittel, die sowohl Zusatznutzen als auch keinen Zusatznutzen aufweisen, den größten Anteil aus.

Die Grafik gibt eine Übersicht über die gültigen Erstattungsbeträge zum Stand vom 15. Oktober 2018

Diese Konstellationen stellen die anschließenden Preisverhandlungen vor Herausforderungen: In den Zusatznutzen-Gruppen ist ein preislicher Aufschlag auf die jeweilige zweckmäßige Vergleichstherapie (zVT) je nach Höhe des Zusatznutzens gerechtfertigt, in den Gruppen ohne Zusatznutzen sollen nach § 130b SGB V die Kosten nicht über denen der jeweiligen zVT liegen.

Der adjustierte Mischpreis

Da es für ein Arzneimittel einen einheitlichen Abgabepreis geben muss, ist bei mehreren Patientengruppen ein sogenannter Mischpreis zu verhandeln. Dieser bestimmt sich aus der Gruppengröße der jeweiligen Teilindikation und dem Preis der Teilindikation mit bzw. ohne Zusatznutzen.

Damit man der Wirtschaftlichkeit von Mischpreisen näher kommt, muss nach der Vereinbarung eines Erstattungsbetrages in bestimmten zeitlichen Abständen ein Abgleich zwischen den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses angenommenen und den im klinischen Alltag tatsächlich eingetretenen Verordnungsmengen in den jeweiligen, unterschiedlich werthaltigen Teilindikationen erfolgen. Dadurch wird ggf. eine Anpassung des Mischpreises notwendig. Wären die tatsächlichen Verordnungen beispielsweise in einer weniger werthaltigen, also mit niedrigerem Teilpreis in den Mischpreis eingegangenen, Patientengruppe zahlreicher als zunächst angenommen, führte das ohne Adjustierung eines Mischpreises zu Mehrausgaben für die Versichertengemeinschaft - ohne Nutzenzuwächse. Eine Anpassung des Mischpreises wäre angezeigt.

Um diese Adjustierung des Mischpreises vorzunehmen, ist es unabdingbar, die tatsächlichen Verordnungsrelationen in den Teilindikationen zu kennen. Mit den derzeitig vorhandenen Werkzeugen können diese allerdings nur in wenigen Ausnahmenfällen bestimmt werden.

Das Urteil des Bundessozialgerichts und Teilpreiskomponenten

Das Bundessozialgericht hat im Urteil zum Wirkstoff Albiglutid (BSG Az: B 3 KR 20/17 R) klargestellt, dass es für ein Arzneimittel arzneimittelrechtlich nur einen einheitlichen Erstattungsbetrag geben kann und damit auch den Mischpreis bestätigt. Zudem wurde in besagtem Urteil klargestellt, dass die Ärztinnen und Ärzte für die Wirtschaftlichkeit der Verordnung im Einzelfall (und damit auch bei Verordnungen von Arzneimitteln, für die Mischpreise festgelegt wurden) verantwortlich sind.

Somit müssen im Regelfall, wenn sich also die zugelassenen Teilindikationen nicht anhand des Handelsnamens unterscheiden lassen (siehe auch hier), weitere Möglichkeiten entwickelt werden, damit Ärztinnen und Ärzte die Wirtschaftlichkeit ihrer Verordnung einschätzen können.

Ein Tablettenblister auf Geldscheinen

Vorstellbar ist ein Hinweis zu den Teilpreiskomponenten in der Arzt-Software zur Arzneimittel-Verordnung. Dabei handelt es sich um die jeweiligen Preise der Teilindikationen, die Grundlage für die Mischpreisbildung sind. Diese Teilpreiskomponenten würden zur reinen Information für die Ärzteschaft ausgewiesen werden. Abrechnungen mit den Krankenkassen würden wie üblich über den einheitlichen Mischpreis erfolgen.

Die Teilpreiskomponenten wären eine wichtige Hilfestellung bei der Verordnung, vor allem bei preislich stark voneinander abweichenden Teil-Anwendungsgebieten. Ärztinnen und Ärzte hätten damit einen besseren Überblick über die preislichen Unterschiede des jeweiligen Teil-Anwendungsgebiets und könnten so die Wirtschaftlichkeit der Verordnung auch im Vergleich zu anderen Arzneimitteln besser beurteilen.

Um Ärztinnen und Ärzten weitere Orientierungshilfen zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit ihrer Verordnung zu geben, setzt sich der GKV-Spitzenverband für eine Weiterentwicklung der Mischpreise ein.

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