Arzneimittel

Biosimilars ermöglichen Wirtschaftlichkeit und Qualität in der Versorgung

April 2022

Bis Mitte August hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Zeit, in der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) Hinweise zur Austauschbarkeit von Biosimilars und ihren Referenzarzneimitteln durch Apotheken zu geben. Für den GKV-Spitzenverband ist klar: Biosimiliars bieten ein enormes Potenzial – sowohl für eine gute Versorgung als auch ökonomisch, um steigende Arzneimittelausgaben abzufedern.

Ein Biosimilar oder biosimilares Arzneimittel enthält Wirkstoffe biologischen Ursprungs und zeigt in der Wirksamkeit, Qualität und Sicherheit keine klinisch relevanten Unterschiede zum zugelassenen Referenzarzneimittel auf. Vor 16 Jahren wurde in Europa das erste biosimilare Arzneimittel zugelassen. Heute besteht in der medizinischen Wissenschaft weitgehend Einigkeit: „Biosimilars sind identisch mit Wirksamkeit und Sicherheit des Referenzarzneimittels. Sie können daher wie die Referenzarzneimittel eingesetzt werden.“, heißt es bspw. im Leitfaden „Biosimilars“ der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Auch Patientinnen und Patienten, bei denen die Behandlung mit einem bestimmten Produkt begonnen wurde, können diese laufende Therapie problemlos mit einem anderen Produkt fortsetzen. In einem Markenwechsel liegt kein pharmazeutisches oder medizinisches Risiko. Die Zeit ist reif dafür, Biosimilars noch breiter einzusetzen, als dies heute schon getan wird. Dafür liegt in einem Austausch in Apotheken großes Potenzial.

Wirtschaftlichkeitsverpflichtung befördert Biosimilarverordnung

Primär liegt die Verantwortung für die Auswahl des Präparats bei der behandelnden Ärztin oder beim behandelnden Arzt. Diese sind aufgefordert, für die Therapie wann immer möglich ein preisgünstiges Produkt zu verwenden. Dabei handelt es sich insbesondere um die Produkte, für die ein Rabattvertrag der Krankenkasse vorliegt. Kommen sie ihrer Wirtschaftlichkeitsverpflichtung nach, dürften sie in Zukunft häufiger die kostengünstigeren, aber genauso wirksamen Biosimilars verschreiben. Dann besteht auch für Apothekerinnen und Apotheker kein Anlass, einen Austausch vorzunehmen, schließlich entspricht das verordnete Produkt schon den Vorgaben des Rahmenvertrags über die Arzneimittelversorgung nach §129 SGB V.

Eine Apothekerin berät eine Kundin

Kontinuität der Versorgung ist gewährleistet

Der verstärkte Einsatz von Biosimilars führt in der Regel nicht dazu, dass Patientinnen und Patienten häufiger als bisher innerhalb einer Therapie das Produkt wechseln müssen. Die Rabattverträge der Krankenkassen garantieren eine Kontinuität in der Versorgung der Versicherten einer Krankenkasse in der Regel über zwei Jahre und unterstützen damit die Ärztin und den Arzt im Erreichen einer Balance von einerseits Kontinuität in der Therapie und andererseits der Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit.

Aber auch, wenn im Einzelfall kein Rabattvertrag vorliegen sollte, kann diese Balance sichergestellt werden: Für die Abgabe austauschbarer Arzneimittel definiert der Rahmenvertrag für Apotheken ein Auswahlfenster der vier preisgünstigsten Präparate, wenn eine Austauschmöglichkeit der Produkte untereinander vorliegt. Da der Biosimilar-Markt durch eine nur relativ geringe Zahl von Anbietern geprägt ist, ermöglicht dies zumindest nach initialer Umstellung auf ein Biosimilar im weiteren Therapieverlauf die Auswahl der gewohnten Marke. Die folgende Abbildung verdeutlicht das am Beispiel der Marktanteile des Präparats Humira zur Behandlung von rheumatoider Arthritis und der entsprechenden Biosimilars:

Kreisdiagramm mit dem Marktanteil des Adalimumab-Biosimiliars 2021 nach Tagesdosen im Vergleich zum Referemzarzneimittel und untereinander

Nicht vergessen werden darf außerdem, dass im Einzelfall immer die Instrumente „aut idem-Kreuz“ (d.h. Ausschluss der Substitution des verordneten Arzneimittels) und pharmazeutische Bedenken zur Verfügung stehen, wenn begründete Probleme einen Austausch unmöglich machen.

Gute Beratung beugt Einzelfallproblemen vor

Im Stellungnahmeverfahren des G-BA zur Überarbeitung der Arzneimittelrichtlinie mit Hinweisen für Ärztinnen und Ärzte wurde insbesondere auf Compliance-Probleme aufgrund von Unterschieden in der Verabreichung und unzureichender Aufklärung zur Handhabung hingewiesen. Auch die Gefahr eines Nocebo-Effekts, also eine negative gesundheitliche Wirkung ohne Zusammenhang mit dem verabreichten Präparat, kam zur Sprache.

Beiden Problemen können Ärztinnen und Ärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker durch gute Beratung der Patientinnen und Patienten begegnen. Auch wenn Erklärungen zur Gleichwertigkeit von Biosimilars und zur Anwendung unterschiedlicher Applikationshilfen herausfordernd sein können, werden die Leistungserbringer auch bei anderen komplexen Arzneiformen dieser Aufgabe gerecht bzw. müssen ihr gerecht werden. Eine Austauschbarkeit von Biosimilars stärkt somit auch die Rolle der Apothekerinnen und Apothekern in der Arzneimittelversorgung.

Effiziente Preise ohne Qualitätsnachteile

Die Möglichkeit eines Austauschs von Biosimilars in Apotheken verstärkt den Druck auf die Hersteller, in einen Preiswettbewerb zu treten, in dem sie effiziente Preise für ihre Produkte festlegen. Dies geschieht, ohne dass sich Nachteile für die betroffenen Patientinnen oder Patienten ergeben. Diese Wirtschaftlichkeitsreserven sollten für die Gemeinschaft der gesetzlich Versicherten und für die Zukunftsfähigkeit unseres Solidarsystems gehoben werden. (mer)

Bleiben Sie auf dem Laufenden